Ich bin mir fast sicher, dass ihr das alle kennt. Ihr steht stundenlang im Bad, versucht eure Haare zu einem annehmbaren Etwas hinzubekommen. Ihr wascht, pflegt, schützt, föhnt, lockt, glättet, sprayt. Ihr seit mit dem Endergebnis – nach gefühlten drei Stunden Arbeit – ganz zufrieden und verlasst selbstbewusst das Haus.
Den ersten paar Windböen, die die perfekt sitzende Frisur zu zerstören drohen, trotzt ihr noch – auch innerlich – obwohl sich in der Zwischenzeit der Gedanke aufdrängt, ob nicht der einfache Pferdeschwanz gereicht hätte. Ihr glaubt, dass der Wind euren Haaren noch den letzten “Touch” und “Out of Bed Look” verleihen wird, auch wenn ihr tief in eurem Unterbewusstsein wisst, dass ihr euch selbst belügt. Auch der orkanartige Wind, der von der heranrollenden U-Bahn kommt, macht euch noch nichts, tapfer haltet ihr eure Haare einfach so gut fest wie möglich – dann wird es schon gehen, auch wenn die ersten Strähnen verfilzt auf eurem Lipgloss festkleben. Ihr seit übrigens gerade am Weg zu einem Treffen mit euren Freundinnen, falls ich das noch nicht erwähnt habe.
Fast am Treffpunkt angekommen – ihr hetzt gerade über die Strasse – fängt es an zu tröpfeln. Ihr hofft, nein ihr betet zu Gott, dass er euch gnädig sein möge und die Haare glatt bleiben lasse und ihr von der lästigen Krause verschont bleibt – wieder wandern die Gedanken sehnsüchtig zum geliebten Pferdeschwanz. Noch habt ihr keinen Blick in ein Schaufenster gewagt, zu grässlich könnte der Anblick sein. Obwohl – kurz vor dem Café bleibt ihr doch stehen, um die Frisur zu richten – und zugegeben, es könnte schlimmer sein. Ihr seufzt kurz auf, erleichtert, und betretet das Café. Ihr geht auf eure Freundinnen zu, und da sitzt sie – dieses eine Mädchen, das euer gesamtes Haar-Selbstbewusstsein in dem Bruchteil einer Sekunde zunichte macht (Wer das in meinem Fall ist? Ziemlich eindeutig würde ich sagen!). Sie sitzt da, mit perfekten Haaren; dick, gesund und glänzend und wirft ihre Mähne womöglich gerade lässig über die Schulter, ihre Haare ein ständiges Mahnmal der genetischen Willkür.
Da fragt ihr euch – wieso ist das Leben so verdammt ungerecht? Wer ist hier eigentlich für die Verteilung der Haargene zuständig? Und kommt mir jetzt nicht mit Mama und Papa, hier sind höhere Mächte am Werk! Ein erneuter Blick in den Spiegel und der Schleier der Illusion ist wie weggewischt, was bleibt sind Haare die vom Kopf hängen wie Schnittlauch. Endgültig bereut ihr die Entscheidung, eure Haare offen zu tragen, was hätte denn gegen den guten alten Pferdeschwanz gesprochen? Wieder zuhause angekommen werden erst einmal ein paar Haut/Haare/Nägel Tabletten eingeworfen und die Youtube-Gurus befragt: How to: super easy super straight super shiny hair. Oder: How to: super voluminous super easy curls with a flat iron. Oder: super easy milkmaid braid in 5 minutes! Nach unzähligen gescheiterten Versuchen an diversen Frisuren und mindestens einer Verbrennung an Hals oder Fingern denkt ihr, eure Haare und euer handwerkliches Geschick bei ebensolchen sind eine reine Verfehlung des Universums. Dann das nächste Mal doch wieder der gute, alte Pferdeschwanz – ihr liebt ihn, er liebt euch – einem so treuen Partner soll man einfach nicht fremdgehen!
COMMENTS
Verena Fab
Hahaha, sehr cool geschrieben. 😀
Ging mir in Wien eigentlich auch tagtäglich so (im 2. gewohnt, im 22. gearbeitet – überall sehr stürmisch!!). Völlig egal, wie lang frau vor dem Spiegel gestanden ist, 15 Sekunden außer Haus genügten meistens, um sämtliche Werbeversprechen der Haarkosmetikindustrie Lügen zu strafen.
Vicky hat tatsächlich one-in-a-million-hair, aber ich muss sagen, Deine Haare sehen auf Deinen Fotos auch nicht aus, als hättest Du zu spät “hier” geschrien, als grad die Position “Traumhaar” vergeben wurde! 😉
Have a nice day – bei hoffenlich schönerem Wetter als hier in Berlin…
Verena.
Sabrina
Hachja. Dieses Gefühl kennt wohl jeder. 😀
Man freut sich über seine tolle Frisur, alles ist perfekt und wenn man das HAus verlässt denkt man sich noch “Hach! Heute dürfen mich mal die anderen beneiden!”
Sitzt man in Bus oder Bahn, oder in der Vorlesung an der Uni, folgt schnell die Ernüchterung.. 😀
Anonymous
Will you not be doing anymore posts with the English translation? If so I’m truly gutted, sorry if you’ve already addressed this.
Nathalie
Wow – toller Post und eine tolle Art wie du schreibst!
Aber um dir vielleicht doch ein Lächeln ins Gesicht zaubern zu dürfen –
immer wenn ich deine Bilder sehe denke ich: wow solche Haare hätte ich auch gerne =)
Ich finde du siehst super aus mit glatten Haaren und du hast eine tolle Haarfarbe 😉
Also denk das nächste Mal dran – du hast auch tolle Haare 🙂
Lg Nathalie
OfficialSarah
Ich habe jegliche Art von “Frisurversuchen” aufgegeben. Locken halten ganze 30 Minuten trotz Schaum und Spray, wenn ich aber kurz mal das Haargummi reingemache um beim Schminken die Haare aus dem Gesicht zu haben, verursacht das einen hässichen Knick bis zum nächsten Waschen – mäh.
CAROLIN.
Auf deinen Fotos wirkst du immer wie dieses eine Mädchen, was ihre Freundinnen mit ihrer perfekten Figur, dem perfekten Look und den perfekt sitzenden Haaren neidisch macht 🙂 Aber Vicky hat wirklich auch richtig schöne dicke Haare 🙂
Svenja
Ohje! Du sprichst mir aus der Seele….
http://lovely-suitcase.blogspot.de
Sheryl Hansson
You always have smug face on, don´t you ever smile on photos?
Katharina
Dear Sheryl, sorry if my “smug face” bothers you, but this posting really isn’t about the photo but about the text – and yes, I do smile on photos.
Stephi
haha, sehr geil! 🙂
es gibt zwei möglichkeiten, sowas in zukunft zu vermeiden:
1. früher kommen und noch schnell retten, was noch zu retten ist, oder
2. neue freundin suchen. 😉
ps: als kanzlerin hast dann sicher wen, der dafür sorgt, dass du immer die haare schon hast. 🙂
hair-mess
Ha, ha – ich kenn das nur zu gut. Laut meiner lieben “Haarmeisterin” (Friseuse klingt so blöd), hab ich zwar tolles, gesundes, kräftiges, dickes Haar – aber das nützt mir gar nix, wenn ich dann (allein vorm Spiegel) am Kopf kein Volumen hinkrieg, bzw. meine Enden, (trotzdem ich genau weiß, dass ich keinen Spliss habe), auf Fotos trotzdem oft zerfledert ausschauen. Ich mag aber Stylingprodukte nicht wirklich (helfen die überhaupt?) und auch die Tatsache, dass mir immer die falschen Strähnen (nicht die lässigen, sondern die wo man dann schlampig aussieht) aus der Frisur rutschen, versuche ich gekonnt zu ignorieren. Finde Deine Schnittlauchlocken übrigens auch sehr gelungen. LG, Macs
Julia
Deine Artikel sind echt toll 🙂 freue mich jedes mal, wenn du was neues postest!
Mal ne Frage, in welchem Hotel arbeitest du?
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