Tag 2 in Bangkok. Wir stehen wie Ölsardinen auf einer überfüllten Fähre auf dem Chao Phraya River. Die Fähre dreht sich im Kreis, auf dem Boot ist alles still und aus dem Motor raucht es. Ich sehe zu, wie neben uns Plastikstücke treiben und beneide sie um ihre Freiheit. Unser Boot hat nämlich gerade eben den Geist aufgegeben und treibt nun wie ein Geisterschiff über den Fluss. War ja klar, dass wir so ziemlich das einzige von den 5 Millionen Booten am Chao Phraya erwischen das sofort einen Motorschaden hat, sobald wir an Bord sind. Ist das jetzt Karma? Was habe ich verbrochen?
Der G. freut sich gerade, denn er findet die Erfahrung schon wieder irgendwie super und so hat man wenigstens was zu erzählen. Naja. Ich starre nach wie vor in den Fluss, stelle mir vor was außer den Lebensmittelresten und dem Plastik sonst noch in dem brackigen Wasser verborgen sein könnte und überlege mir, wie ich meine Kamera und mich trocken an Land bringe, sollten wir untergehen. Eins ist sicher – sollten wir hier einen auf Titanic machen, bin ich aber mal ganz fix die Kate Winslet und lass den G. im Wasser treiben während ich fein am Brettl sitzen bleib. Ich mein, hallo? In den Fluss will ich nichtmal den kleinen Zeh tauchen! Nach angespannter Wartezeit werden wir doch noch gerettet und ich kann meine Fluchtpläne getrost verwerfen – gut, dass ich den G. noch nicht eingeweiht hab! Mit der neuen Fähre tuckern wir also munter flussaufwärts und ein Gutes hatte der Motorschaden doch, denn auf dem neuen Boot konnte ich einen Sitzplatz ergattern! Ha! Dafür muss ich jetzt mein Gesicht abschirmen, weil mir ständig das grausliche Flusswasser ins Gesicht spritzt und ich Angst vor den Spätfolgen habe.
Hab’ ich übrigens schon erwähnt, wo es hingeht? Wir schauen uns nämlich heut’ den Königspalast, den Lying Buddha und den Wat Arun an – die drei größten Sehenswürdigkeiten in Bangkok (zu dem Zeitpunkt dachte ich zumindest noch, dass das unser Plan ist). An der Haltestelle angekommen, drücken wir uns erstmal durch einen superengen Markt, wie er für Bangkok typisch ist und schnappen ein kleines Mittagessen. In der Zwischenzeit bin ich schon gewappnet, bestelle routiniert eine Portion gebratenen Reis und lasse mich von den kleinen Plastikstühlen und der Hygienesituation nicht aus dem Konzept bringen. Der Reis schmeckt mir, ich bin glücklich und fange sogar an, die Plastikstühle zu mögen. Vor allem gefällt mir, wie lustig der G. auf den kleinen Stühlen ausschaut. Erinnert mich ein bissl an die Mittagspause im Kindergarten, nur ohne Nickerchen danach.
Fast forward, wir stehen vor dem Königspalast und das Ding ist geschlossen. Echt jetzt? Angeblich beten hier zu Mittag die Mönche (zum Beweis laufen auch gleich drei an uns vorbei), deswegen dürfen keine Touris rein, und in meinem Hinterkopf habe ich auch irgendwo gespeichert, dass man dort eher vormittags hin sollte, weil eben nachmittags zu ist (in Wirklichkeit ist das Geisterschiff schuld, sonst wären wir eh rechtzeitig gekommen). Diese Information bestätigt uns nun ein superfreundlicher und übermotivierter (noch motivierter als wir, schon hier hätten meine Alarmglocken läuten sollen, aber die sind wahrscheinlich am Vortag bei der Suppe hängen geblieben) Tempelwächter, von dem ich bis heute nicht weiß, ob er uns verarscht hat oder nicht (ja, er hat.). Denn nun ruft er uns ein Tuk Tuk, zeichnet uns auf der Karte die nächstgelegenen Sehenswürdigkeiten ein und schickt uns dann auf eine einstündige Rundfahrt (sind wir eigentlich dämlich?), die soviel kostet wie ein Cappuccino am Stephansplatz und in einer Schneiderei endet, in der sich der Tuk Tuk Fahrer offensichtlich eine dicke Provision erhofft. Oder wer da halt sonst noch aller an uns verdienen will. Da wär nach dem Essen vielleicht doch ein Nickerchen besser gewesen. Macht nix, Tuk Tuk fahren war trotzdem lustig und es ist eh schon 14 Uhr, dann lieber zurück zum Palast und los geht’s mit Sightseeing!
Fast forward – wir sitzen in einem bunten Longtail Boot (der Schock über die erste Bootsfahrt des Tages sitzt noch tief und ich plane innerlich schon den nächsten Fluchtversuch), weil wir nämlich nicht mehr in den Königspalast durften, weil kein Mensch weiß wann das Ding offen hat und wann nicht – deswegen begnügen wir uns mit ein paar Fotos vorm Eingang. Wir können niemandem mehr vertrauen und fühlen uns wie in der Matrix, deswegen chillen wir hier im Boot, schauen uns die Klongs (Flussarme des Chao Phraya) an und sind glücklich, keine Uhrzeiten mehr beachten zu müssen. Ich sehe einen Leguan von der Größe eines Einhorns am Flussufer liegen und fühle mich einmal mehr wie in der Matrix.
Was an diesem Tag sonst noch geschah? Wir haben eine dicke Amerikanerin getroffen, die uns mit in einen offenen Tempel am Fluss zur günstigsten Massage in Bangkok genommen hat, wo wir von Vietnamesen ohne Aufenthaltserlaubnis eine thailändische Massage bekommen und die Amerikanerin mit einer Deutschen einen Streit begonnen hat, weil die Amerikanerin nicht ihren Mund halten konnte aber die Deutsche sich entspannen wollte; der G. hat von dem Freund der Amerikanerin ein Zuckerl andrehen lassen, das in Wirklichkeit eine getrocknete und gezuckerte Bohne namens Tamarind war und hat mir damit wieder mal einen Schrecken eingejagt, weil ich dachte er probiert da irgendwelche Pilze; außerdem ist er in den falschen Zug eingestiegen (und ratet mal, wer laut ihm daran Schuld hatte) und hat mich ungläubig angeschaut, als ich am Bahnsteig stehen geblieben bin und gewinkt hab; der G. und ich haben uns dann an der richtigen Haltestelle getroffen, wo er mich im Office der Bahnstation auslösen musste, weil ich zu wenig für mein Ticket gezahlt hab und der G. das Geld ja auf der Geisterfahrt mit hatte. Kennt ihr eigentlich den Film Brokedown Palace? Hätt’ mich nicht gewundert, wenn ich an dem Tag auch noch in den Knast gewandert wär wegen dem Schwarzfahren.
Ganz normaler Urlaubstag würd’ ich sagen.
COMMENTS
Stefanie Herrmann
Ich bin einfach jedes Mal begeistert, wenn ich eine deiner Geschichten lese.
Wirklich sehr lustig erzählt.
LG, Stefanie
http://www.thepasteblog.blogspot.com
Mangoblüte
Oh no, euch ist das selbe mit dem Abfangen vor dem Tempel wie uns passiert! Wir wurden zum Glück noch gewarnt, als ich schon im TukTuk sass. Bin dann schnell wieder raus und wir konnten uns den Tempel anschauen. Das ist tatsächlich eine Verarsche: http://mangobluete.com/gold-in-bangkok/
Patrizia Seibert
Ahh dort im Königspalast war ich auch schon. Bangkok ist echt ne tolle Stadt, halt was ganz anderes als alles europäische 🙂
http://thesmallnoble.blogspot.de/
Svetlana
Wieder einmal sehr sehr gelungen geschrieben.
Sehr toller Schreibstil und ich kann mir direkt vorstellen, wie du da stehst und winkst 😀
Liebst
Svetlana von Lavender Star // BlogLovin //
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Claudia
Ich könnte dir eh unter ALLE Geschichten die du uns erzählst schreiben wie witzig du bist! Aber manche Passagen muss ich echt oft 3-4 Mal lesen weil ich mich so sehr dabei amüsiere und ich mich freue mir alles bildlich vorstellen zu können 😀 G. im falschen Zug, Kathi steht und winkt – mitten in Bangkok, traumhaft! Du solltest echt eine eigene Kolumne in irgendeinem Magazin bekommen, von dir können sich wirklich sehr viele Autoren etwas abschauen.
Kristina Ivanovic
Nice…
http://themozzarella.blogspot.it/2014/02/blog-post_28.html
Anonymous
haha, ich musste soooo lachen.
Viele Grüße,
Amalia
Anika
Haha, uns ist am Tempel genau dasselbe passiert. Man rechnet ja nicht damit, so verarscht zu werden. Beim zweiten Anlauf waren wir dann allerdings gewarnt und konnten trotz “today closed” rein. Na sieh mal einer an 😉
Chrissabella
Toller Post, hat echt spass gemacht ihn zu lesen. Andere Laender, andere Sitten wuerde ich sagen 🙂
Gruss aus London,
chrissabella.blogspot.com
Nina
Haha ich wäre auch fast auf die reingefallen und habe dem Typen geglaubt dass der Tempel über Mittag geschlossen ist, obwohl man hinter dem Zaun tausende Leute sehen konnte. Mein Freund hat sich da aber gott sei dank vorher erkundigt und ist bei sowas immer extrem skeptisch. 😀
Ich fand Bangkok auch irgendwie total aufregend, aber ich glaube einmal reicht mir diese Stadt. Obwohl wenn ich an das leckere Straßenessen denke mmh (ohne Blut und Krallen natürlich 😀 )
Liebe Grüße
Nina
Anonymous
Deine Reiseberichte lesen Sie einfach fantastisch 🙂 – freue mich schon auf viele weitere davon 😉
Dein Victoria Secret Bikini gefällt mir wahnsinnig gut – wie läuft das mit Bestellen aus den USA hast du da Tipps??
Und wie fällt denn der aus von den Größen her?? Trägst du da XS oder S wenn ich fragen darf?
Danke! & macht weiter so!
Anonymous
Würdest du ein Buch schreiben, ich würde es sofort kaufen!
xx blondeamb
Fashion Defensor
Love it! Dein Schreibstil ist einfach nur super!
Ines
Liebe Kathi,
ich liebe die beiden Reisberichte über Thailand ;D Fast genauso ist es mir und meinem Freund vor zwei Jahren in Bangkok ergangen. Hab die Berichte meinem Freund vorgelesen und wir haben uns gekrümmt vor lachen – vor allem die Story mit dem Tuk Tuk vor dem Königspalast – da wurden wir ebenfalls böse ver***;D dazu dein aberwitziger Schreibstil! einfach super :))
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