Vor Kurzem war ich bei einem Vortrag. Es war nichts besonderes, keine wissenschaftliche Abhandlung, keine Präsidentschaftsrede, nichts Weltbewegendes – aber es war ein Mensch dort vorn, der sich vorbereitet hat. Der Folien erstellt, seine Rede geübt und sich Gedanken gemacht hat. Damit wir im Publikum davon profitieren können. And boy, did he do a good job! Weil ich mich in der Zwischenzeit selbst geübte Vortragende schimpfen darf, weiß ich, dass auch bei kurzen Auftritten eine Menge Hirnschmalz und Nervenschweiß fließen, deswegen versuche ich, jede Menge Solidarität mit anderen Präsentatoren zu zeigen. Wie das geht? Dasitzen, aufmerksam sein, nicken und lächeln – nichts ist schlimmer, als in ein Publikum aus reglosen Gesichtern zu starren und sich zu fragen, was die Menschen jetzt alles lieber machen würden als hier zu sitzen und dir zuzuhören. Pokémon go? Pikachu wartet bestimmt da draußen auf der Straße während die Kuh da vorn mich vollabert. In der Nase popeln? Ach würd’ ich jetzt gern allein im Bett liegen und den Freuden des Lebens frohlocken. Das Unkraut auf der Terrasse? Gehört auch schön langsam mal wieder gezupft. Ihr seht, das Leben als Vortragender ist nicht leicht und die Gedanken auf der Bühne wirr und einsam. Ok gut, ich neige wie immer zu Übertreibungen, aber ich hoffe ihr seht, worauf ich hinauswill. Wenn das hier nicht virtuell sondern real wäre, würde ich euch an dieser Stelle jetzt aus dem Nichts heraus nach dieser stillen Abhandlung mal alle ordentlich anbrüllen, so dass es euch von euren bequemen Sesseln aufreißt: SHOW SOME FUCKING RESPECT, PEOPLE!
“YOU ONLY HAD ONE JOB”
You only had one job – und der ist um einiges leichter als der von dem Mensch da vorn, das könnt ihr mir glauben, es sei denn ihr habt ADS oder seid gerade auf dem Weg in den Gebärsaal, dann ist auf einem Sessel sitzen und still halten vielleicht doch nicht so einfach – alle anderen sind an dieser Stelle nicht entschuldigt. Denn als ich bei besagtem Vortrag mal eine kurze Sekunde meine Aufmerksamkeit weg von dem armen Schwein auf der Bühne und in Richtung Publikum bewegt habe, dachte ich mir: wenn das meine Mama sehen würde, was würde die jetzt wohl sagen (das ist generell ein toller moralischer Wegweiser durch die Wirrungen des Erwachsenenlebens, den ich jedem nur ans Herz legen kann). Da sitzen sie alle mit ihren Smartphones wie Zombies, tipseln mit dem Zeigefinger drauf rum als gäbe es kein Morgen und widmen sich den super wichtigen Dingen unseres Zeitgeschehens, während der Mensch, der ein paar Stunden seiner wertvollen Lebenszeit geopfert hat, um euch (Thematik hier einfügen) näherzubringen, dort vorne steht und um Worte ringt. Ich frage mich, was ihr da wohl gerade wichtiges anschaut, auf euren Handys. Katzenvideos? Einen Chat mit der besten Freundin, die sich zwischen dem blauen und dem weißen Shirt nicht entscheiden kann? Den Facebook Status von dem Typ, der euch vor einer Million Jahre verlassen hat? Ihr seht dadurch nicht mega busy und wichtig aus, sondern einfach nur schlecht erzogen. Früher hatte man wenigstens noch den Anstand, nur einen kurzen Blick in der Tasche auf das Display zu erhaschen, aber heute lümmeln die Leute ganz ungeniert in ihren Vortragssesseln und chillen ihr Brain mit dem iPhone, ohne Rücksicht auf Verluste. Und lasst euch eines gesagt sein: glaubt nicht, wir auf der Bühne sehen nicht, was ihr da tut, nur weil ihr in der Masse geschützt seid. Oh nein, uns ist jedes Tipseln bewusst und es ist nicht angenehm. Jeder spricht über Digital Detox und dass man mal lernen soll, abzuschalten. Ich werde in Interviews zu dem Thema befragt, wie wir das als Blogger handhaben – ob wir jemals ohne unsere Geräte sein können, weil wir ja vom Internet und Online sein leben. Da werden ganze Camps veranstaltet, in denen wir zu unserer Mitte finden. Wir nehmen an Challenges teil, um zur Ruhe zu kommen. Leute, sind wir denn alle total verrückt geworden? Wie wäre es ganz einfach damit: statt digital zu detoxen und anschließend mit dieser spirituell erfüllenden Erfahrung zu prahlen, lasst doch einfach mal euer Handy in der Tasche wie normale Menschen und zeigt ein bisschen Respekt und Anstand.
Beim Vortrag, beim Essen, bei Gesprächen und bei Meetings. Das Katzenvideo läuft euch bestimmt nicht davon.
COMMENTS
Ursula
Dieser Beitrag gefällt der Mama!
Lisa
Top! Einfach nur top und absolut auf den Punkt gebracht!
Gabriele
Und nicht nur der Mama ….
Sandra
Danke damit sprichst du mir aus der Seele! Ich finde man sollte auch allgemein wieder mehr auf sein Gegenüber achten wenn man in einem Vortrag oder auch nur in einem Gespräch ist. Bei mir bleibt schon seit langem das Handy in der Tasche wenn ich mich mit Freunden treffe und ich weise auch andere darauf hin, das ich es unhöflich finde, wenn dem Telefon mehr Beachtung geschenkt wird als mir. Daher stehe ich da voll und ganz hinter dir!
Vielleicht müssen wir uns selbst auch wieder zu mehr Höflichkeit und Respekt anhalten, wenn unsere Eltern nicht mehr da sind um das zu tun und auch manchmal andere darauf hinweisen. Ich werde zwar auch immer schief angeschaut wenn ich die Leute bei etwa Vorträgen ermahne still zu sein aber ich finde das schuldet man dem Vortragenden auch!
Alles Liebe,
Sandra http://flourishlike.com/
Birgit
schimpf bitte ruhig öfter ein bisschen, ich glaub, das haben einige nötig 🙂
ich arbeite in einem congress center und sehe daher sehr viele vorträge und ich denk mir jedes mal … alter .. ihr zahlt ein schweinegeld, um an diesen kongress teilzunehmen und dann sitzt ihr den ganzen tag da und starrt auf euer handy?? im ernst?? da hättet ihr euer geld auch besser investieren könnnen …
Kathrin
Ich kann deine Unmut sehr gut nachvollziehen. Wir können Menschen nicht ändern, aber wir können es ihnen “besser” vormachen 🙂 !
GLG Kathrin
http://www.awarehuman.com
Andrea
Ich wusste schon beim Titel dieses Posts, dass mir der Inhalt gefallen würde!! Thumbs up Kathi!!! 🙂
LG, Andrea
Carrie
wow i love it
http://carrieslifestyle.com
Corinna
Liebe Kathi, Du hast den Nagel mal wieder auf den Kopf getroffen! Schlimm finde ich, dass es den meisten einfach selbst überhaupt nicht auffällt, wie unhöflich sie sich benehmen (Fremdschämeffekt für reflektierte Außenstehende)…
Sylvia
Du hast definitv Recht! Ich versuche mich auch sehr strikt daran zu halten nicht am Handy zu sein wenn ich mit irgendwem unterwegs bin. Beim essen schon gar nicht. In Vorträgen einfach am Handy zu sein finde ich auch ziemlich unverschämt.
Liebe Grüsse
Sylvia
http://www.mirrorarts.at/ Photography/Lifestyle/Travel
Alex
Toller Artikel – hast du perfekt auf den Punkt gebracht.
Ich war am vergangenem Wochenende in einer Therme in Deutschland, hier sind Handys im Thermenbereich verboten – um allen die Möglichkeit zu geben um zu entspannen. Du kannst dir nicht vorstellen welcher Zirkus war als einige Besuche darauf hingewiesen wurden bitte doch das Handy weg zu legen…
Katii
Ma voll fein – danke für den Beitrag! Mir gehts genauso auf Blogger-Events.. Während alle schon fleißig am Posten sind, lege ich eigentlich immer mein Handy weg und höre dem PR-Menschen vor mir direkt zu – mein Foto kommt dann zwar fast immer als letztes, aber das ist mir persönlich egal. Ich hätte da einfach ein schlechtes Gewissen 🙂
Alles Liebe, Katii
Lis
Mal wieder ein richtig guter Beitrag! Wir handhaben es im Freundeskreis so, dass wenn wir z.B. zusammen essen gehen jeder sein Handy in die Mitte des Tisches legt. Derjenige der sein Handy als letztes zurück nimmt, dem wird das Essen von den anderen bezahlt. Bilder für Instagram am Anfang zählen dabei natürlich nicht ;D.
Liebe Grüße Lis | http://www.lisliebt.com
Kathi
Ich liebe diese Beiträge von dir einfach abgöttisch <3 Du bringst es immer wieder so glasklar, ehrlich und direkt auf den Punkt, so dass dieser und andere Artikel seitenlang sein könnten und ich würde sie zu gerne immer und immer wieder lesen!!!
In diesem Sinne: Habt alle etwas mehr Respekt für die Anderen und die soziale Welt wird nicht davonlaufen, bzw. untergehen wenn man mal kurz nicht daran teilnimmt 😉
Liebst Kathi
http://www.meetthehappygirl.com
ketchembunnies
Dankeee so lieb!!!
Susanne
Ich verstehe deine Kritik und mir geht es als Vortragende auch oft so. Andererseits zücke ich bei Vorträgen auch oft das Handy, insbesondere bei sehr interessanten, um mir ganz einfach Notizen zu machen. Soll heißen, es ist sogar ein Zeichen großen Gefallens für den Vortrag. So als Ergänzung zu deinen Ausführungen. ?
Lisa
Danke! Perfekt auf den Punkt gebracht & du sprichst mir aus der Seele!
Julia
Sehr sehr guter Beitrag, ich finde es einfach schrecklich wenn Menschen während dem Essen ständig auf ihr Handy starren, sind wir mittlerweile schon so weit, dass man sich sein Handy implantieren muss um ja nichts zu verpassen?
Carry
Richtig toller Blogpost und so wahr, du hast es absolut auf den Punkt gebracht und sprichst so vielen aus der Seele <3
Paola
Dear Kathi,
You hit the nail right in the head! I couldn’t agree more with your post. I realized that people have lost their sense of being respectful and considerate to others by constantly being on their phones! I found myself at a concert a couple of weeks ago and 90% of the crowd was watching the concert through their phones because they had the urge to SNAPCHAT every 5 seconds. I feel like I use my phone a lot, but I am happy to know I am not abusing it and definitely can sit through a presentation without having to look at my phone ?? good job on this post! Stay fabulous ?
Klara
On point! Da ich selbst Vorträge halte, weiß ich wie das ist, wenn man da vorne steht. Wenn der Vortrag langweilig ist, greife ich auch schneller zum Handy, versuche es aber selbst in Grenzen zu halten. Wie du nämlich schon sagst, es ist eine Sache von Respekt! Cooler Beitrag!
LG, Klara
http://www.klarafuchs.com
Florian
682 Wörter für eine einzige Aussage: Zeigt Respekt vor dem Vortragenden?
Wenn der Vortragende es nicht schafft das Publikum zu begeistern sind seine Themen nicht relevant, zu langweilig aufbereitet oder er ist einfach kein guter Redner! Kann den Artikel absolut nicht nachvollziehen und ich hab in meinen jungen 30 Jahren schon häufig vor Menschen gesprochen bzw. etwas aufgeführt. Wenn ich oder mein Vortrag scheiße war hat es keinen interessiert, wenn ich gut war hören die meisten aufmerksam zu.
ketchembunnies
682 Worte für eine einzige Aussage: zeigt Respekt vor euren Mitmenschen 🙂
Florian
In deinem Artikel ging es aber explizit um Vorträge. Und Respekt muss man sich Vortragender verdienen. Man kann es einfach als Feedback nehmen. Schauen 99/100 Zusehern im Publikum ins Handy anstatt auf dich, dann machst du als Vortragender, bis auf ein paar Ausnahmefälle, einfach einen ganz miesen Job.
ketchembunnies
Ich mag über sowas eigentlich nicht so gern diskutieren, aber nein, es geht nicht nur um Vorträge sondern den Umgang mit seinem Gegenüber und dem Handy, wie der gesamte letzte Absatz veranschaulicht 🙂 Und der Vortrag, um den es im Post geht, war im Übrigen sehr gut! Aber freu dich doch, dass deine Vorträge gut ankommen – dann machst du offensichtlich viel richtig und hast noch dazu ein tolles, aufmerksames und respektvolles Publikum 🙂
Florian
Nicht jeder Vortrag (natürlich auch meine nicht) kommen super an. Das liegt aber meistens an einem selbst. Wenn man für ein Thema brennt und das rüberbringen kann, dann hören einem die Leute im Normalfall auch zu. Ich gebe dir total Recht, dass man in vielen Situationen sein Handy ruhig mal in der Tasche lassen sollte. Natürlich ist es unverschämt während einer Konversation Facebookfeeds zu lesen. Da bin ich ganz bei dir. Aber das kam bei mir in deinem Artikel leider nicht an. Wenn du dich aber nicht mit kritischeren Lesermeinungen auseinandersetzen willst, würde ich mich einfach an den 20 anderen Kommentar-SchreiberInnen erfreuen, die hier nur lieb posten, um Ihre eigene Blog-URL bei viel gelesenen Artikeln unterzubringen.
Markus
Hallo Kathi,
tolles Plädoyer, du hast natürlich Recht.
Ich halte selber sehr gern Vorträge und Präsentationen und es macht mir super Spaß.
Allerdings bin ich ganz deiner Meinung, wenn jemand im Publikum daran teilnimmt, sollte er sich schon darauf einlassen und die Show als Chance sehen, etwas mitzunehmen.
Bzw. Respekt und Aufmerksamkeit müsste schon aufgrund der menschlichen Umgangsformen das Mindeste sein, auch wenn vor allem bei “verpflichtenden” Teilnahmen nicht immer alles für jeden relevant ist.
Ciao Markus
http://www.markusjerko.at/photos/100-tage-sommer/
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