Ich bin Bloggerin. Für die meisten gleicht das einem Wesen eines fernen Planets. Eines der Gattung, die nix gelernt haben, den ganzen Tag Fotos machen und die restliche Zeit mit Kaffee & Tratsch verbringen und dafür haufenweise Geld einstreichen. Jetzt, wo wir das vorab geklärt haben, aber zum Wesentlichen: ich durfte also, trotz meiner sonstigen Faulenzerei, hier eine Seite in der aktuellen Woman Trendausgabe gestalten – und das sogar im Septemberheft, das, wie wir alle wissen, ja zu einer der wichtigsten Ausgaben des Jahres gehört. Ein kleiner Traum für mich. Huhu Mama, schau mal, ich darf eine Kolumne schreiben, und das sogar im Print! Uns stand es frei, diese Seite nach Vorlieben und Interessenlage zu befüllen. Kurz kam mir in den Sinn, diese Bühne als biografisches Werk zu nutzen und mich endlich selbst zu verwirklichen, bis mir wieder einfiel, dass ich dafür ja meinen Blog habe.

Deswegen widme ich mich lieber einem Thema, das mir noch wichtiger ist und meiner Meinung nach viel zu wenig diskutiert wird, und das ist der Verfall der Manieren. Meine Güte, was könnte ich mich ärgern über meine Mitmenschen. Vorbei ist die Zeit, wo Knigge ein Begriff und sich beim Niesen die Hand vorhalten eine Selbstverständlichkeit und kein Dreh am Glücksrad war – gratuliere liebe Susi, du hast den Rotz-Jackpot geknackt!

 

 

*dieser Text ist im Original im Woman Magazin September 2018 erschienen

intimsphäre, kennst?

Entgegen aller Erwartungen an meinen Berufsstand ist mir gutes Benehmen nämlich unheimlich wichtig. Das fängt schon bei der Begrüßung an: nein, ich will von dir kein Bussi auf die Backe gedrückt bekommen, wenn ich dich gerade vor 3 Sekunden kennengelernt habe. Ein einfacher Händedruck reicht. Intimsphäre, kennst? Und können wir bitte mal über das Thema Pünktlichkeit sprechen? Lernt man heutzutage nicht mehr, die Uhr zu lesen? Nichts finde ich unhöflicher, als auf sich Warten zu lassen, stellt es doch die eigene Zeit über die der Anderen. Aber ach, ich vergaß, ihr seid ja alle so mega busy. Wahrscheinlich gerade so mit irgendeinem mega-secret, crowd-funded, aber super-upcoming und exciting project beschäftigt, dass Zeit für euch sowieso keine Rolle spielt, genauso wie echtes Deutsch anscheinend. Nichts gegen Englisch, denn das verwende ich in meinem Beruf auch ziemlich viel, aber ist es wirklich so schwierig, auch nur einen einzigen geraden deutschen Satz ohne Anglizismen zu bilden?

Wer in Wien lebt, dem ist Elmayer und seine Tanz- und Benimmschule bestimmt ein Begriff. Ich durfte bei einem seiner Seminare teilnehmen und trotz der ultimativen Korrektheit, die fast schon schrullig anmutet, bin ich ein bisschen wehmütig geworden. Ich sehne mich nach Männern (und Frauen), die die Tür aufhalten und sie mir nicht ins Gesicht zurückschnalzen lassen. Nach Menschen, die beim Essen die Ellbogen nicht am Tisch haben und erst Sprechen, wenn das eben Gekaute den Weg in die Dunkelheit gefunden hat. Nach Gesprächspartnern, die mir mehr Aufmerksamkeit schenken als ihren iPhone Displays. Nach Besuchen in der Oper und anderen festlichen Anlässen, wo der Dresscode eingehalten wird und mir nicht andauernd Jeans und T-Shirt entgegenwinken.

wie wir aber aus der mode wissen, kommt alles irgendwann zurück.

Wie wäre es also, wenn wir das, was aus der Mode gekommen und ein bisschen retro geworden ist, aus der Altkleiderkiste hervorkramen und wieder zum Trend machen? Passt doch zur Septemberausgabe, oder?


corona diaries:
week two

corona diaries:
week one

COMMENTS


  • Birgit

    juhuuu endlich wieder eine kolumne und ich liebe sie! du kannst einfach soooo toll schreiben.
    und du schreibst mir aus der seele – ich arbeite in einer veranstaltungslocation und am samstag hatte ich “meinen” ersten maturaball für dieses jahr – ich war so entsetzt.
    thema 1. dresscode – ich weiß noch, wie stolz ich war, als mir meine mama mein erstes ballkleid gekauft hat – ich hab mich gefühlt wie eine prinzessin. jetzt haben alle (bis auf die maturanten – die sehen wirklich schick aus) ein kurzes fetzerl an, was oft nicht einmal mehr den hinter bedeckt. und zum fetzerl dazu gibts sneakers. ich mein – ich LIEBE sneakers und ich hasse hohe schuhe aber wenn ich auf einen ball gehe dann soll ich mich doch bitte passend kleiden, oder?
    vom benehmen will ich hier gar nicht erst anfangen … da könnt ich mich jetzt sonst eine stunde lang in rage schreiben 😉

  • Franzi

    WORD. Super gut geschrieben, bin ganz deiner Meinung!

  • Christina

    OMG Kathi!!! Super Beitrag und tolle Worte!!! Ich liebe deine Wortakrobatik und deinen trockenen Humor! 😉
    Ich wünschte du hättest eine fixe Kolumne in der WOMAN! Du wärst echt eine Bereicherung für das Magazin!
    Bis dahin freue ich mich auf weitere solcher Beiträge auf deinem Blog! 😉 Mach weiter so!

    LG Christina (Fangirl und eine treue Leserin)

  • Jen

    Ich bin dabei. Aber sowas von dabei.
    Schön geschriebene Worte Kathi. Liebe Grüße Jennifer

  • Sophie

    Du bringst es auf den Punkt!! Und das auch noch mit so coolen Worten und Humor. Hoffe solche Beiträge noch ganz oft von dir zu lesen, sowohl online, als auch im Print!

    LG Sophie

  • Stephanie

    Herrlich geschrieben! Wahre Worte 😉 Ich bin ganz bei dir.

    lG Stephanie

  • Ronja

    Oh das ist so gut!! Danke danke danke! Ich liebe deine Ehrlichkeit, bin ein großer Fan solcher Posts. Und ich danke dir für diesen. Herrlich!
    xx Ronha

  • Alina Ulrich

    SO UND NICHT ANDERS!

    Ein wenig mehr Anstand und Kultur würde derzeit wirklich nicht schaden.
    Auf eine merkwürdige Art und Weise bin ich gerade sogar etwas emotional beim lesen geworden. Das liegt höchstwahrscheinlich daran, dass du genau das in Worte gefasst hast, was ich in meiner Umgebung zuletzt erlebt und gedacht habe. Wie schön wäre es, wenn einem nicht jeder Zweite ins Gesicht hustet und der eigene Partner beim Abendbrot endlich mal das Handy aus der Hand legen würde…

    Danke <3

  • Nora Anna

    Danke Dir! Danke für diese humorvoll geschriebenen Zeilen und deine Authentizität. Alles Liebe, Mademoiselle P.

POST A COMMENT